#10 Smart leben, nachhaltig handeln: Das Erfolgskonzept von IKEA Österreich

Shownotes

IKEA kennt jeder – aber nicht jeder weiß, wie sehr das Unternehmen Nachhaltigkeit vorlebt. Im Gespräch mit Gastgeberin Johanna Heidenreich spricht Florian Thalheimer, Country Sustainability Manager von IKEA Österreich, offen über Chancen und Schwierigkeiten auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Er erklärt, wie Kreislaufwirtschaft, Second-Life-Produkte und innovative Store-Konzepte dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, und warum konsequente Transparenz bei kritischen Themen wie Holzbeschaffung unerlässlich ist.

Ein ehrlicher Einblick hinter die Kulissen: ehrgeizige, aber herausfordernde Klimaziele, viel Eigeninitiative und das Geheimnis, Wirtschaftlichkeit und nachhaltigen Fortschritt zu verbinden.

Florian Thalheimer ist Country Sustainability Manager bei IKEA Österreich. Als Wirtschaftsexperte und engagierter Nachhaltigkeitsverantwortlicher setzt er sich dafür ein, dass IKEA nicht nur für smarte Einrichtungslösungen, sondern auch für echte ökologische und soziale Verantwortung steht. Sein Fokus: Kreislaufwirtschaft, klimaschonende Logistik und die Balance zwischen wirtschaftlichem Wachstum und umweltfreundlicher Entwicklung. Thalheimer gilt als offener Kommunikator, der auch kritische Themen wie Lieferketten oder CO₂-Reduktion nicht ausspart und dabei Wert auf Teamgeist, Diversität und Innovation legt.

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00:00:02: FLORIAN THALHEIMER Ich glaube, das ist immer bei Ikea das Geheimnis gewesen, wir versuchen nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreich zu sein und das ist auch in den letzten Jahren gelungen. Wir haben den Fußabdruck in den letzten Jahren um 30 Prozent gesenkt, sind ungefähr die gleiche Zahl an Umsatz und Profit gewachsen. Also es ist möglich und ich glaube, das kann man auch weiterhin so haben.

00:00:19: JOHANNA HEIDENREICH Herr Thalheimer, bauen Sie Ihre Möbel selber zusammen oder gönnen Sie sich den Aufbauservice von einem professionellen Montageteam?

00:00:26: FLORIAN THALHEIMER Sowohl als auch. Ich habe sicher sehr, sehr viele Möbel aufgebaut im Laufe meiner Lebenszeit und Karriere für Kinder, selbst, Freunde auch mitgeholfen. Bei schwierigen Sachen wie Küche etc. lasse ich es von Profis machen. Was ich manchmal auch gerne mache, ist, dass ich gebrauchte Teile kaufe. Die sind schon zusammengebaut und muss man nur noch transportieren.

00:00:46: JOHANNA HEIDENREICH Herzlich willkommen zu "Wir leben Nachhaltigkeit", dem BDO-Podcast. Jeder kennt vermutlich das blau -gelbe schwedische Möbelhaus IKEA, bekannt für die Möbelstücke zum selber bauen, für die praktischen Alltagsgegenstände und riesige Einkaufshäuser, die einer Erlebniswelt gleichen. Wir werfen heute gemeinsam mit Florian Thalheimer, Country Sustainability Manager von IKEA Österreich, einen kurzen Blick auf das Thema Nachhaltigkeit bei dem wohl berühmtesten Möbelhändler weltweit. Herzlich willkommen, Herr Thalheimer.

00:01:18: FLORIAN THALHEIMER Danke fürs da sein. Schönen Tag.

00:01:19: JOHANNA HEIDENREICH IKEA verfolgt seit Jahren das Ziel, den Menschen einen besseren Alltag zu schaffen. So steht es auf ihrer Homepage. Wie fügt sich das Thema Nachhaltigkeit in diese Vision ein?

00:01:30: FLORIAN THALHEIMER IKEA ist ein sogenanntes visionbasiertes Unternehmen. Und wenn wir davon sprechen, den vielen Menschen einen besseren Alltag zu machen, impliziert das ja auch, dass der bessere Alltag auch das Thema Nachhaltigkeit beinhalten soll. Und Alltag ist für uns jetzt nicht nur das Leben zu Hause in den eigenen vier Wänden, sondern wir sehen schon unsere große Verantwortung als großer Player, dass Alltag oder Leben zu Hause auch das Zuhause auf dem Planeten ist. Und insofern ist es immanent und könnte auch nicht anders sein. Wir sind kein börsennotiertes Unternehmen. Das heißt, wir haben wirklich das Ziel, viele Menschen zu erreichen und denen ein besseres Leben zu ermöglichen. Zu Hause, aber auch als Gesamtes auf dem Planeten.

00:02:07: JOHANNA HEIDENREICH Denkt man jetzt an IKEA, dann kommen einem vermutlich gleich diese großen Einkaufshäuser in den Sinn. Die machen das Einkaufen auch zum Erlebnis ein Stück weit. Man wird durch das ganze Geschäft gelotst. Links und rechts am Wegesrand findet man sehr viele Gegenstände, die man gleich mitnehmen kann. Eine praktische Einkaufstasche gibt es auch gleich. Die ist extra groß dimensioniert. Also hier wird schon Wert darauf gelegt, das Kaufverhalten auch anzuregen. Sehen Sie hier einen Zielkonflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit, Stichwort Konsum - und Wegwerfgesellschaft?

00:02:40: FLORIAN THALHEIMER Wir glauben halt, und da kommen wir wieder zurück auf die Vision, den vielen Menschen einen besseren Alltag zu schaffen, dass natürlich viele Menschen einen Bedarf auch primär haben, Einrichtungsgegenstände zu haben. Jeder, jede braucht Betten, Küche, was auch immer. Und es ist halt heutzutage auch so, dass sich die Bedürfnisse oder Notwendigkeiten auch im Lauf des Lebens ändern. Also ich spreche aus meiner Erfahrung, ich war irgendwann Student in einer WG und dann war ich irgendwann Junggeselle, bin herumgereist, habe sicher zig Wohnungen, oder Wohnplätze gehabt, habe dann Familie gegründet mit einem Kind, zwei Kindern. Und je nachdem, wo man gerade steckt, ändert sich das Ganze. Und auch zuletzt kennen wir vielleicht noch mit Corona, Homeoffice. Sprich, was ich meine, ist, es gibt einfach Bedürfnisse, die es natürlich zu befriedigen gilt beziehungsweise auch, glaube ich, die Freiheit eines jeden oder einer jeden, sein Zuhause so zu gestalten, wie man möchte. Natürlich ist das eine Grauzone zwischen, was ist Anreiz da und was ist Bedarf oder "need" sozusagen in dem Kontext. Und dann kommt es, glaube ich, darauf an, wie wir das machen, wie das Angebot ausschaut. Und ich glaube, wenn jemand eine Küche braucht, einen Tisch, ein Glas, was auch immer, dann, glaube ich, hängt es sehr stark davon ab, wie das Sortiment gestaltet ist. Sprich, welche Materialien drinstecken, wie die produziert werden, mit welchem Energieverbrauch, wie sie transportiert werden, etc. Und da haben wir, glaube ich, schon, wir sind noch lange nicht am Ende der Reise, aber immer wieder Fortschritte gemacht, um zu zeigen, wir können in Summe, glaube ich, das Angebot so gestalten, dass es in dem Kontext, in dem wir leben, nachhaltig ist. Sprich, wenn wir eine bestimmte Größenordnung haben, wenn wir eine bestimmte Logistikeffizienz erreichen, wenn wir den Materialeinsatz entsprechend steuern können, können wir sicherstellen, dass ein Tisch, den wir brauchen, das sind Ressourcen, aber wie der Tisch gemacht ist, welche Materialien drin sind, wie er transportiert ist, da gibt es viele Möglichkeiten, wo wir schon Nachhaltigkeit mit reinbringen können.

00:04:26: JOHANNA HEIDENREICH IKEA Österreich ist ja jetzt Teil eines internationalen Konzerns. Im Bereich der Nachhaltigkeit, seiner Ziele, seiner Maßnahmen und seiner Strategien ist vermutlich schon sehr viel durch den Konzern vorgegeben. Wo hört jetzt der Konzern auf und wo fängt IKEA Österreich an?

00:04:44: FLORIAN THALHEIMER Ja, also wir sind ein Unternehmen, ein großes Unternehmen weltweit, die Ingka -Gruppe in unserem Fall, der größte Franchisenehmer von der IKEA -Marke und berichten auch auf konsolidierter Basis, alle Ländern zusammengerechnet, nicht nur alle Länder, sondern auch alle Bereiche der Wertschöpfungskette, eben von Design, Produktion, Einkauf, Transport etc. Das heißt, die zentralen großen Ziele, zu denen wir uns verpflichtet haben, gemäß dem Pariser Abkommen und auch auf Basis von SBTi -Kriterien, die sind weltweit oder konzernweit gesetzt. Und dadurch leiten sich dann auch wieder Subziele oder relevante Ziele für alle Länder oder alle Einheitenfunktionen auch wieder ab. Insofern sind wir natürlich Teile des großen ganzen Ökosystems. Dann aber ist es schon so, dass es je nachdem, wo in unserem Fall wir als IKEA Österreich gerade stehen, natürlich unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, unterschiedliche Möglichkeiten, Chancen oder anderes auch wahrgenommen werden muss. Beispiel bei uns ist vielleicht das Thema Strom. Ist relativ einfach, weil wir einen sehr hohen Anteil an erneuerbaren Strom haben. In anderen Ländern, Skandinavien, Holland, ist man schon relativ weit im Thema Kreislaufwirtschaft. In anderen Ländern gibt es wieder andere Bereiche, die wieder besser sind. Und dementsprechend unterschiedlich sind die Ziele auch gesetzt, auch innerhalb von Österreich. Ein neues Haus wie der IKEA Westbahnhof hat einfach aufgrund der neuen Technik andere Voraussetzungen als vielleicht ein altes Haus wie IKEA Wien Nord und dementsprechend passen wir unsere Roadmaps, unsere Pläne natürlich an. Und dann gibt es auch, abgesehen von dem Top -Down Zielsetzungsthema, gibt es sehr viel, also eine Art, wie soll ich sagen, eine Bottom -Up -Kultur bei IKEA. Das heißt, einzelne Länder, einzelne Einheiten versuchen, neue Sachen zu entwickeln. Auch wieder Kreislaufwirtschaft, da haben die Norweger, die Skandinavier und die Schweden auch sehr tolle Beispiele gemacht, von einem Zweites -Leben -Shop, von einer Kollektion, die aus Möbelabfall wiederhergestellt wurde. Wir waren bis zu einem bestimmten Grad Vorreiter wieder mit dem Westbahnhof als großen Innercity -Store. Wir waren eines der ersten Länder, die sehr stark auf den Bereich der emissionsfreien Lieferung gesetzt haben, schon 2017 beginnend. Also es gibt dann unterschiedliche Strömungen oder Fortschritte, aber die Ziele sind im Großen und Ganzen dieselben.

00:06:49: JOHANNA HEIDENREICH Ein Bereich, in dem IKEA Österreich jetzt keinen Einfluss hat, beziehungsweise nur bedingt Einfluss hat, so steht es zumindest in ihrem Nachhaltigkeitsbericht, ist der Bezug von Holz. Und die Holzressourcenbeschaffung unterliegt demnach dem Einfluss ihres Franchisegebers Inter IKEA Group und ist Teil der vorgelagerten Wertschöpfungskette von IKEA Österreich. IKEA gilt ja jetzt als einer der größten Holzkonsumenten der Welt, aber gerade IKEA steht immer wieder in der Kritik für seine Holzbeschaffung und die genaue Kritik oder der Vorwurf lautet ja, dass etwa geschützte Wälder illegal gerodet werden. Wie geht Ikea, wie geht Ikea Österreich mit diesen Vorhalten um?

00:07:30: FLORIAN THALHEIMER Was wir auf globaler Ebene dagegen machen, sind natürlich schon seit vielen Jahren klar verankerte Prozesse und Vorgehensweisen. Da gibt es zum Beispiel unseren eigenen internen Supplier Code of Conduct, IWAY, wo in allen Verträgen ganz genaue Vorgaben sind, was Menschenrechte, ökologische Standards etc. betrifft. Aber das nicht nur im Papier steht, sondern auch wirklich durch eigene Teams, durch externe, unangekündigte Teams natürlich auch laufend Audits passieren. Das heißt, da gibts schon ein Regelwerk und das passiert dann auch gemeinsam mit offiziellen Behörden, mit NGOs, mit diversen Local Communities, diversen Stakeholdern. Das ist ein ganz ernsthaft verankertes Thema, dem wir uns stellen und wann immer auch Vorwürfe auftreten, wird denen nachgegangen. Wir hatten in den letzten zwei, drei Jahren auch in Österreich immer wieder diverse Vorwürfe, mit denen wir konfrontiert waren, Stichwort Rumänien etc. Da weiß ich auch, dass all diese einzelnen konkreten Vorwürfe auch immer wieder kontrolliert werden. Da werden externe Auditors hingeschickt, da wird sich das Ganze angesehen. Wenn notwendig, werden korrektive Maßnahmen eingeleitet und was ich auch kenne, jetzt nicht im Fall von Rumänien, aber generell, und was das Ganze für mich persönlich auch glaubwürdig macht, es gab auch Fälle, wo auch die Eskalationsstufe so weit gediehen ist, dass man letztendlich die Geschäftsbeziehungen mit manchen Lieferanten beendet hat. Und das auch in Fällen, wo es uns umsatzmäßig auch wehgetan hat. Wir als IKEA Österreich sind vielleicht auf den ersten Blick ein kleiner Player in dem Kontext, weil wir ja quasi Empfänger des Sortiments sind und jetzt nicht so ein großes Mitspracherecht haben, wo, wie, was produziert wird. Ich glaube schon, dass es uns in den letzten Jahren, uns und anderen Ländern gelungen ist, auch unsere Sichtweise stärker einzubringen. Das heißt, wieder Beispiel Rumänien, glaube ich, bei der Eröffnung vom Westbahnhof waren wir konfrontiert, war eine NGO oder zwei NGOs vor dem Haus, haben protestiert, haben die Bühne genutzt, zu Recht auch. Das Thema war wichtig, wir haben aktiv die Kollegen in den verschiedenen globalen Einheiten um Infos gebeten und gedrängt, haben die auch bekommen. Und in Folge, ein paar Monate später, bin ich auch persönlich in dem Fall nach Rumänien gefahren mit anderen Kollegen aus anderen Ländern, wo wir mit Vertretern der Universitäten, von Umweltorganisationen und so weiter und unseren eigenen Leuten wirklich geschaut haben, was da los ist. Und ich habe es dann auch aus privatem Interesse mit einem guten Bekannten, der Forstwirt ist und so weiter, versucht, das Ganze ein bisschen zu validieren. Also ich bin zurückgekommen schon auch mit einem persönlichen gestärkten Eindruck, dass doch das Allermeiste sehr, sehr korrekt abgeht. Das andere ist auch das, dass wir, das ist auch ganz offen, als IKEA oft eher ein bisschen so das schwedische Bescheidenheitsimage haben und nicht so öffentlichkeitsaktiv sind. Das heißt, man macht Sachen, aber man redet nicht groß drüber. Und da drängen wir und andere Länder schon darauf hin, dass auch Inter IKEA proaktiver und transparenter werden muss. Und da hat sich auch in den letzten Jahren einiges getan. Jetzt gibt es eine eigene Webseite mit genauen Angaben, wo wir welche Hölzer sourcen, zu welchen Anteilen. Ich weiß auch, dass in den nächsten Wochen, Monaten da noch mehr kommen wird. Wir wollen uns wirklich noch mehr öffnen und diverse Stakeholder, Medien, NGOs etc. oder Zivilgesellschaft allgemein auch einladen, um mit uns gemeinsam Dinge anzuschauen. Zusätzlich gab es wieder ein neues Projekt von einer Fläche von 16 .000 Hektar Wald in Lettland, das IKEA einer NGO und einem großen Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt hat, um auszuloten, zu erforschen. welche Möglichkeiten, Gefahren, Chancen es gibt im Kontext von Biodiversität, Klimawandel, Klimaanpassung. Das heißt, wir wollen wirklich auch da beitragen, dass diese wertvolle Ressource auch weiterhin bestehen bleibt. Wir sind ja auch abhängig davon.

00:10:52: JOHANNA HEIDENREICH Sie haben es jetzt schon selber gesagt, Holz ist jetzt für Sie eine sehr wertvolle Ressource. Wie weit ist IKEA Österreich jetzt bei Themen wie Recycling, Upcycling oder Second -Life -Produkten? Also Sie haben auch gesagt, Sie selber kaufen gebrauchte Möbel bei IKEA. Also kann ich jetzt quasi mein Billy Regal, ohne jetzt Werbung machen zu wollen, kann ich mein Regal wieder bei IKEA abgeben und bekomme dafür, ich weiß nicht, ein Hotdog im IKEA -Restaurant?

00:11:20: FLORIAN THALHEIMER Ja und nein. Sie können Ihr Billy Regal an uns zurückverkaufen. Ja, Sie kriegen mehr als einen Hotdog. Nein, es ist so, wir haben ja schon seit vielen Jahren das IKEA Rückkauf Service. Das kann bis zu 50 Prozent des Neupreises sein, weil es gebraucht ist. Was wir machen, wir kontrollieren den Zustand, wir bringen es, wo notwendig, wieder auf Vordermann und verkaufen es in unserem zweites Leben Shop zum gleichen Preis. Das heißt, wir motivieren auch viele Kundinnen, ihre alten oder jetzt nicht mehr benötigten, muss gar nicht alt sein, Produkte zu uns zurückzubringen. Und das ist auch, glaube ich, einfach eine Notwendigkeit in dieser Zeit, weil wir oft durch Wohnungswechsel, durch veränderte Lebenssituationen, Stichwort zuerst gesagt Kinder, wenn ich das Gitterbett nicht mehr brauche, warum soll ich es zu Hause herumstehen haben? Ich will es nicht wegschmeißen, macht doch Sinn, es wieder wem anderen zur Verfügung zu stellen und so wieder den Kreislauf zu ermöglichen. Was zusätzlich auch in dem ganzen Bereich eine Rolle spielt, dass wir auch in den eigenen Geschäftstätigkeiten versuchen, quasi null Abfall zu erzeugen. Sprich, wenn bei einem, Beispiel, wenn bei einem Transport eine Verpackung leicht beschädigt wird, vielleicht ein Teil des innenliegenden Produktes auch leicht beschädigt wird, haben wir die Möglichkeit, einzelne Teile dieses Produktes auszutauschen. Wir haben repackaging Maschinen, wo das Ganze wieder den gleichen originalen Überkarton bekommt und müssen dadurch eigentlich kein Produkt entsorgen oder wegwerfen. Das heißt, wir kriegen es mit dem Ausschuss für einen kleinen Teil wieder normal in den Kreislauf hinein.

00:12:42: JOHANNA HEIDENREICH In Ihrem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht steht ja drinnen, dass Sie bis zum Jahr 2025 in Österreich emissionsfrei liefern möchten. Wir haben das Jahr 2025. Aus jetziger Sicht, ist das Ziel realistisch?

00:12:56: FLORIAN THALHEIMER Nein, wir sind da ganz offen. Wir haben das Ziel nicht erreicht. Wir haben zwar 2017 begonnen, waren einige Jahre sehr, sehr gut unterwegs auf Zielkurs. Was uns in die Quere gekommen ist, waren manche technischen oder technologische Entwicklungen, die nicht ganz mitgespielt haben, von Ladeinfrastruktur bis zu anderen Themen, weil es ist relativ leicht und wo wir die 100 Prozent erreicht haben, ist zum Beispiel der Wiener Raum. Da haben wir natürlich sehr transporteffiziente Distanzen, lässt sich gut planen, ist in einer bestimmten Reichweite etc. etc., geht gut. Wenn wir aber eine Lieferung irgendwo nach Hinterober irgendwas hinter den sieben Bergen bringen müssen, wird es schwierig. Dann sind wir zum Teil auf Wasserstofftechnologie angewiesen etc. Also es hat sehr viele technische hiccups, oder Nichtentwicklungen gegeben. Das heißt, dass wir jetzt in Österreich, Gesamtösterreich, bei ungefähr 50, 60 Prozent emissionsfreien Lieferungen liegen, im Wiener Raum bei 100 Prozent. Das aktuelle Ziel ist so, dass wir bis 2028 90 Prozent erreichen wollen, weil das einfach mehr der Realität entspricht. Die Ambition ist sicher, à la longue die 100 Prozent zu erreichen, aber sind halt auch angewiesen auf bestimmte Rahmenbedingungen, die mitspielen.

00:14:05: JOHANNA HEIDENREICH Der IKEA Westbahnhof ist ja jetzt, wir haben es, glaube ich, aus Ihren Worten gehört, ein Leuchtturmprojekt von IKEA Österreich. Also es ist ein Innercity Store, also nicht am Rande der Stadt. Sie haben hier Freiflächen mit Bäumen, Sie haben begrünte Fassadenelemente, PV Anlagen. Ist das für Sie als Sustainability Manager das Projekt, das Sie am meisten begeistert?

00:15:29: FLORIAN THALHEIMER Es begeistert mich sehr. Ich glaube, aufgrund der Punkte, die Sie genannt haben. Das meiste, was oft zu wenig genannt wird, ist eigentlich die Tatsache, dass es ein autofreies Einrichtungshaus ist. Sprich, der größte Nachhaltigkeitsimpact ist der, dass Tausende oder Hunderttausende von Autos nicht dorthin fahren müssen, sondern Leute nur per Rad, zu Fuß, öffentlich, was auch immer, herkommen können. Und das ist auch sicher der größte Impact, dass wir zusätzlich keine neue Fläche versiegelt haben, dass wir auch für das Mikroklima aufgrund der Bäume einen Beitrag leisten, dass wir einen sozialen Treffpunkt auf der Dachterrasse ermöglicht haben, der frei zugänglich ist. Also es gibt sicher viele andere Faktoren, die auch gut sind. Und das Spannende eigentlich ist ja auch das, dass die Uridee des Westbahnhofes ja nicht aus einer Nachhaltigkeitsidee entstanden ist. Eigentlich die Idee war ja die, dass wir näher zu den Menschen kommen müssen. Wir wissen, dass immer mehr Menschen, gerade im urbanen Raum, weniger mit Auto unterwegs sind und wir natürlich aus kommerziellem Interesse deswegen näher an die Menschen herankommen müssen. Das hat sich dann ergeben mit dem Westbahnhof. Und Hand in Hand gingen sehr viele erfreuliche, nachhaltige Effekte. Was mich dann letztendlich am allermeisten begeistert hat, ist, dass im Zuge der ganzen Projektentwicklung, die wirklich viele Jahre lang gedauert hat, wir im Unternehmen sehr, sehr, sehr viele Kolleginnen hatten und haben, die auch aus einer starken intrinsischen Motivation heraus den Westbahnhof zu dem gemacht haben, was es heute ist. Also wir hätten viele Dinge vielleicht auch gar nicht so in der Größe, oder dem Ausmaß machen müssen. Aber da war einfach der Antrieb da, der Spirit da, das Mindset da, dass man wirklich versucht hat, noch ein Euzerl draufzusetzen. Sind wir Platin zertifiziert oder nur Gold? Schaffen wir es mit den Bäumen? Wie viel Klimareduktion, oder Temperaturreduktion schaffen wir durch die Bäume etc.? Das ist eher so freudig, dass wir zum einen klare Strategien und eine Governance Structure haben, aber auch, glaube ich, sehr stark von den Mitarbeiter:innen getrieben wird, was wir erreichen.

00:16:18: JOHANNA HEIDENREICH Wo sehen Sie persönlich jetzt die größte Schraube, an der IKEA Österreich noch drehen kann, um noch nachhaltiger wirtschaften zu können oder um die Geschäftstätigkeit nachhaltiger zu gestalten?

00:16:28: FLORIAN THALHEIMER Für mich, glaube ich, aktuell, wo wir jetzt stehen und ich weiß, wo wir schon recht gut unterwegs sind, wo wir noch nicht, sehe ich drei große Schwerpunktfelder. Das eine ist zuerst schon diskutiert das Thema Kreislaufwirtschaft. Ich glaube einfach, dass da ein Riesenpotenzial ist und auch eine Riesenmöglichkeit. Auch deshalb, weil der größte Teil unseres Fußabdrucks kommt von den Materialien, die wir verbrauchen. Sprich, je mehr es uns gelingt, gemeinsam mit Konsument:innen Produkte länger am Leben zu erhalten, die zu reparieren, die weiterzugeben etc., desto mehr können wir auch da beitragen. Da wird es halt spannend sein, wie können wir den Business Code knacken, damit es auch ein Geschäftserfolg wird. Und ich glaube, das ist immer bei IKEA das Geheimnis gewesen, wir versuchen nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Und das ist auch in den letzten Jahren gelungen. Wir haben den Fußabdruck in den letzten Jahren um 30 Prozent gesenkt, sind ungefähr die gleiche Zahl an Umsatz und Profit gewachsen. Also es ist möglich und ich glaube, das kann man auch weiterhin so haben. Aber Thema 1, sicher Kreislaufwirtschaft in allen Dimensionen. Das zweite Thema, ich glaube, dass wir in Sachen Klimafußabdruck, was den operativen Part betrifft, Heizen, Kühlen etc., in unseren Units schon relativ weit sind, oder klare Pläne haben, wie wir die nächsten Jahre die Ziele erfüllen. Wo wir noch, abgesehen von der emissionsfreien Lieferung, ein bisschen am Anfang stehen, ehrlich gesagt, ist das Thema der Kund:innen - und Mitarbeiter:innen Mobilität. Das ist halt ähnlich, wie die Kund:innen zu uns rausfahren müssen, müssen auch die Kolleg:innen zu den diversen Standorten fahren. Und da haben wir auch von Standort zu Standort unterschiedliche Challenges. Aber das wird eines der größten Themen sein, dem wir uns stellen müssen. Wie können wir dort eine wesentliche Reduktion erreichen? Und das dritte Thema ist eines eher aus dem sozialen Bereich. Ich glaube, weil wir ein ganz klares Wertebekenntnis haben und das Thema Diversität, Gleichheit, Inklusion bei uns ganz, ganz wichtig ist, ist gerade in Zeiten, die wir jetzt erleben, mit dem politischen Gegenwind, wenn man so sagen will, umso wichtiger auch dort klare Zeichen zu setzen.

00:18:23: JOHANNA HEIDENREICH Herr Thalheimer, ich danke Ihnen vielmals für das interessante und auch offene Gespräch. Vielen Dank.

00:18:29: FLORIAN THALHEIMER Danke fürs Da sein. Danke.

00:18:33: JOHANNA HEIDENREICH Vielen Dank fürs Zuhören. Schön, dass Sie dabei waren. Folgen Sie BDO Austria auf LinkedIn und vernetzen Sie sich mit mir, um keine Podcast-Folge zu verpassen. Möchten auch Sie einmal mein Gast werden oder haben Sie ein Wunschthema für eine neue Folge? Dann schreiben Sie mir doch gerne eine Nachricht. Bis zum nächsten Mal. Wir freuen uns auf Sie.

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